Wenn ein Unternehmen sehr lange mit dem gleichen Softwarelieferanten bei der Weiterentwicklung einer Software zusammenarbeitet kann es leicht passieren, dass die IT-Mitarbeiter des Kunden Stück für Stück das Wissen über die Anwendung verlieren. So begibt sich der Kunde in eine immer stärkere Abhängigkeit von der Entwicklerfirma: Er weiß nicht mehr, wie die Anwendung eigentlich funktioniert, welche Verbesserungen mit welchem Aufwand möglich sind, ob Probleme im Betrieb auf unzureichende Softwarequalität zurückzuführen sind und ob Preiskalkulationen für Neuerungen wirklich angemessen sind.
Für den Lieferanten scheint es eine komfortable Position zu sein. Irgendwann ist der Moment erreicht, in der der Kunde gar keine Chance mehr hat, ohne den Lieferanten auszukommen und sich vielleicht einen neuen Partner zu suchen.
Aber der Schein trügt. Zunehmende Abhängigkeit ist mit abnehmender Entscheidungsfreude beim Kunden verbunden. Bald wird an der Software nur noch das Nötigste getan, und innovative Neuerungen, an denen beide Seiten Spaß hätten, werden vermieden. Irgendwann entschließt sich der Kunde, das alte System zu beerdigen und eine Neuentwicklung in Auftrag zu geben – vorzugsweise bei einem anderen Anbieter.
Ein weitsichtiger Softwarelieferant überlegt deshalb von Anfang einer Partnerschaft an, wie er seinen Kunden mit ausreichendem, aktuellem und wirklich präsentem Wissen über die Anwendung versorgen kann. Ihm nur zu zeigen, „wo die Dokumentation steht“ und ihm großzügig zu erlauben, diese jederzeit abrufen zu können, reicht dafür nicht aus.
Zentrales Element eines partnerschaftlichen Wissensmanagements kann ein regelmäßiger Wissens- und Innovationsworkshop sein, in dem der Lieferant den Kunden über relevante technische Neuerungen informiert und die Konsequenzen für die Applikation diskutiert werden. In diesem Workshop sollten auch die aktuellen Veränderungen in der Softwarearchitektur demonstriert werden.
Natürlich hat auch der Kunde seinen aktiven Beitrag zu leisten. Dazu gehört, dass er kompetente Mitarbeiter benennt, die durch den Lieferanten auf dem Laufenden gehalten werden sollten. Diese werden dann regelmäßig per Newsletter über Neuigkeiten informiert.
Ein aussagefähiger Release-Letter, der bei Neuauslieferungen alle technologischen Konsequenzen der letzten Änderungen enthält, ist ebenso Bestandteil des Wissensmanagements. In einem Workshop sollte dieses Dokument diskutiert werden.
Häufig erweist sich ein Wiki als Wissensspeicher als geeignet. Dieses muss aber sinnvoll strukturiert und verschlagwortet sein – aber das soll ein andermal dargestellt werden.