Im Projekt muss als erstes geprüft werden, welche kulturellen Aspekte von den Veränderungen, die das Projekt mit sich bringt, am stärksten betroffen sein werden, und wessen Kultur eigentlich „angegriffen“. Auch wenn ein solcher Angriff nicht gewollt ist, es ist klar, dass ein Projekt immer als ein Angriff auf Gewohnheiten, die als wertvoll eingeschätzt werden, empfunden wird. Welche Möglichkeiten des Umgangs mit einer solchen Situation hat man dann?
Zunächst muss man sich die Frage stellen, wieweit Aspekte der eigenen Kultur in Frage stehen und wieweit Partner betroffen sind. Ein externer Dienstleister befindet sich hier in einer scheinbar komfortablen Lage: Für ihn ist das, was für den Mitarbeiter der Fachabteilung eine Kulturrevolution ist, der Alltag, ja, er bestimmt seine eigene Identität durch die Realisierung solcher Umwälzungen. Wie gesagt: diese Lage ist nur scheinbar komfortabel, denn für die betroffenen ist er der Feind. Seine beste Strategie besteht darin, die Kultur seiner Partner so gut wie möglich zu verstehen und sich dieser anzupassen. Das beginnt beim Habitus, geht über das Erlernen der „Firmensprache“ bis hin zum Anpassen an die vielen geschriebenen und ungeschriebenen Gesetze des Unternehmens.
Als Mitarbeiter der IT-Abteilung befindet man sich bei einem komplexen IT-Projekt in einer doppelten Konfliktlage: Zum einen ändert das Projekt meine eigene Identität, möglicherweise wird z. B. im Rahmen eines Outsourcing-Projektes mein eigenes Arbeitsumfeld gründlich umgekrempelt. Zum anderen bin ich der, der der Fachabteilung gegenüber als Umstürzler tätig wird. Letztlich ist genau das natürlich die ideale Voraussetzung für einen gelingenden Wandel, da durch das Verständnis für die Unsicherheiten, die das Projekt mit sich bringt, ein kritsch-reflexiver Umgang mit der eigenen bisher gelebten Kultur möglich wird.
Ein solcher kritisch-reflexiver Umgang mit Veränderungen wird vier wesentliche Grundsätze beachten, damit der die kulturellen Herausforderungen nicht zum „Kampf der Kulturen“ wird, in dem vielleicht keiner „siegt“ und nur ein „Trümmerfeld“ zurückbleibt.
1. Skepsis gegenüber kulturellen Veränderungen ist niemals ganz unbegründet. Die Neigung, bewährtes zu bewahren und nicht vorschnell Neuem oder Anderem zu opfern, entspringt meist einer langjährigen und begründeten Erfahrung. Es gilt, Wege zu finden, die Zweifel als Anforderungen an den Wandel fruchtbar machen.
2. Jede radikale Veränderung ist andererseits eine Möglichkeit, die kulturelle Begründung und Begründbarkeit des Hergebrachten kritisch zu hinterfragen.
3. Kulturelle Änderungen sollten nie radikal und umfassend sein. Die Konsequenzen radikaler Revolutionen sind unabsehbar, deshalb ist ein Wandel in kleinen Schritten besser als eine „Kulturrevolution“.
4. Ziel eines kulturellen Wandels muss immer die Etablierung einer neuen Kultur, also neuer Gewohnheiten, neuer Regeln, neuen „normalen Verhaltens“ sein. Diese neue Normalität, diesen zukünftigen Alltag zu benennen und zu kommunizieren, gehört mit zum Projektmarketing und zur Projekt-Vision.