Gesellschaftliche Verantwortung und Softwarehaus

Jedes Unternehmen, das eine personalintensive und individuelle Dienstleistung anbietet, kennt das Problem: Das eigene Produkt ist so teuer, dass es sich nicht jeder leisten kann. Darin unterscheidet sich der Top-Friseur nicht vom Softwarehaus.

Nun ist das beim Friseur nicht ganz so schlimm: Es gibt viele Friseure, die in kurzer Zeit eine vernünftige Frisur hinbekommen, und ob eine extravagantes Individual-Design für den eigenen Kopfschmuck viel besser aussieht und irgendeinen besonderen Nutzen hat, ist eh Geschmackssache.

Bei Individualsoftware ist das oft anders: Ob große Bank oder kleiner gemeinnütziger Verein: Der Bedarf an individuellen Spezial-Lösungen ist in beiden Fällen ungefähr gleich groß – der Aufwand, eine solche Lösung zu konzipieren, zu realisieren und zu testen, aber auch. Das große, prosperierende Unternehmen kann sich diese Lösung auch leisten, der kleine Verein, der großes für die Gemeinschaft leistet, hingegen nicht.

Hier beginnt das, was ich mal die gesellschaftliche Verantwortung des Softwareunternehmens nennen möchte: Ich muss nicht alle Projekte mit dem gleichen Tagessatz kalkulieren, unabhängig davon, was für einen Kunden ich vor mir zu sitzen habe. Sicher: Auch bei einem Projekt für einen gemeinnützigen Verein darf ich keine „Miesen machen“ – das gebietet mir wiederum meine Verantwortung als Arbeitgeber gegenüber meinen Mitarbeitern sowie meine Verantwortung gegenüber meinen anderen Kunden, die einen stabilen und verlässlichen Lieferanten brauchen. Aber ich muss nicht den gleichen Deckungsbeitrag erwirtschaften, wenn es um ein Projekt für einen Verein geht, als wenn eine große Banksoftware zu realisieren ist.

Natürlich kann man auch durch geschickte Sparmaßnahmen im Projekt die Lösung „schlank halten“, auf Extras verzichten, Anforderungen kritisch priorisieren, um Kosten zu sparen. Dann entsteht oft eine Individuallösung, die auch bei kleinem Budget viel Nutzen bringt. Offenheit und Ehrlichkeit sind da hilfreich – ganz klassische Eigenschaften des ehrlichen Kaufmanns also, die auch in der IT-Welt nicht an Bedeutung verloren haben.